Ich habe mich heute auf einen langweiligen Lauf eingestellt, denn es sollte weiter regnen und die Landschaft gestern wurde eher umspannender. Doch es kommt ganz anders. Im Schaufenster des Fahrradmuseums sehe ich mich auf den ersten Metern.
Am Fluß kommt dann wieder ein Kraftwerk, ich hätte nicht gedacht, daß hier soviel Wasserkraft vorhanden ist.
So nach und nach kommen neue Hügelketten in Sicht, die Donau wird mehr eingeschnürt und schneller, das ist das Strudengau.
Auch die Radler sind heute zahlreich unterwegs, denn es regnet nicht so stark wie gestern und alle, die gewartet haben, wollen nun weiter. Eine wartet auf keinen Fall, denn die ist ganz anderes gewöhnt und sie läuft auch wie ich. Sie sieht aus wie Rosie Swale Pope, von der ich dieses Buch in Georgien erst gelesen habe: Mein längster Lauf.
Und was sagt sie: I am Rosie! Absolut unglaublich! In Ihrem Buch beschreibt sie die Umrundung der Erde in Laufschuhen auf über 20.000 Meilen innerhalb von 5 Jahren. Ihr Thema ist die Krebsvorsorge und die Unterstützung von Hilfsprojekten für Kinder.
Wir fallen uns direkt in die Arme, Läufer unter sich halt. Sie ist es wirklich und ich kann es kaum glauben.
Sie ist unglaublich quirlig und erklärt ihren Wagen und will auch alles über meinen Wagen wissen. Zwischendurch sagt sie immer wieder „wir müssen weiter, sonst werden wir kalt“.
In ihrem Camper schläft sie zumeist auch und hat darin alles mögliche, inklusive Computer, Solarpanel und andere schwere Sachen. Im Moment ist die 70jährige Waliserin unterwegs von London nach Katmandu in Nepal. Sie wird zwar zwischendurch einmal nachhause fliegen. Ansonsten aber läuft sie mit ihrem über 100 kg schweren Wagen über Wien, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Moldavien, Uktaine, Georgien, Aserbaidschan, Kasachstan, Usbekistan, Kirgisien, dem Pamir-Highway und weiter.
https://www.facebook.com/rosieswalepope/
Dabei hatte sie erst letztes Jahr mit einem Bruch im Becken zu kämpfen.
Für das Foto halten wir Frank aus München an, der ursprünglich aus Würzburg ist. Ich erkläre ihm kurz, wen er vor sich hat und er reagiert blendend. Rosie erklärt Frank in ihrem reizenden Waliser Dialekt ihre Geschichte in atemberaubender Geschwindigkeit. Würde ich Ihr Buch nicht gelesene haben, hätte ich nur die Hälfte verstanden. Frank versteht schnell und ist auch ganz geflashed.
Rosie will weiter, im Moment läuft sie über 40 km pro Tag, sie ist ein Energiebündel und nicht zu stoppen! Everytime a good Run, dear Rosie, wherever you are, no matter what!
Vielleicht begleitet Frank sie noch ne Weile, er fährt ja auch Richtung Wien. Ich bin auf einer Wolke und schwebe jetzt an der trüben Donau entlang. Ich kann das immer noch nicht glauben, die Heldin Rosie getroffen zu haben. Die Hügel kommen immer näher und so manche Felsen ragen direkt am Weg steil auf. Von Langeweile kein Spur.
Das Wasser steigt momentan immer stärker an und strudelt stark.
Bei Grein setzt die Fähre eines privaten Vereins „d‘ Überfuhr“ zur Stadt über. Eine ganz tolle Sache, obwohl zwei km weiter eine Brücke besteht.
Und es ist ja auch ein kleines Abenteuer, bei dieser tückischen Strömung mit so einem kleinen Boot unterwegs zu sein.
Der Fährmann erklärt auf Nachfrage einiges, es gehört eine Menge Erfahrung und Geschick dazu.
In Grein haben die meisten Geschäfte Mittwochs nachmittags geschlossen.
Aber das ist nicht schlimm, ich brauche eigentlich nichts. Im Bioladen werde ich noch super bedient obwohl eigentlich schon zu wäre. In Marthas Pension kriege ich ein schönes Zimmer für 50€.
Die Stadt ist wie alle hier herausgeputzt, hoffen wir mal, daß nicht doch noch ein Hochwasser kommt.
Am Abend sitze ich im Schwarzen Rössle und kriege eine Tomatensuppe und eine große Portion Spaghetti. Meine Tischnachbarn Nathalie und Volkmar aus der Schweiz sind mit den Rad von der Quelle bis zur Mündung der Donau unterwegs. Jeden Tag 50-80 km – ambitioniert, aber sie packen das. Ursprünglich wollten sie monatelang wandern, bevor sie sich fürs Rad entschieden. Wir diskutieren. und philosophieren bis es dunkel ist.
Wir alle laufen für das Leben.
7. Etappe Donauradweg Ybbs – Grein : 24 km
Für alle, die sich jetzt erst einlesen und sich fragen, warum der Blog nicht Transdanubia (wegen Donau) heißt: Mein ursprünglicher Lauf von Baku in Aserbaidschan nach Poti in Georgien, vom Kaspischen Meer zum Schwarzen Meer war nicht durchführbar. Näheres steht in der Geschichte 12. So beschloß ich, statt über Wien mit dem Zug nach hause zu zurück zu kehren, diese Strecke möglichst vollständig zu laufen. Ich bin quasi auf dem Rückweg von Transkaukasien. So komme ich doch noch in den Laufgenuß, allerdings auf sicherem Terrain.
Welch ein Zufall, lieber Guido, diese Begegnung mit Rosie.
Anfang März wäre mir ihr Name noch kein Begriff gewesen, aber durch das erst kürzlich entdeckte Weitwandern (für mich) und der Infosuche bin ich auch auf Rosies Buch gestoßen und hatte im Internet weiter geforscht. Und nun triffst Du sie an der Donau. Da bin ich echt baff. Was Du so alles erlebst. All die Begegnungen, die sich mit Gleichgesinnten ergeben, sind wunderbar. Man hat sich immer etwas zu sagen, denke ich.
Liebe Grüße – Marianne
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Ja, Hammer die Frau und Wahnsinns Zufall. Lieber Gruß.
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