Heute will ich ein drittes Mal im Grünen laufen, wieder eine neue Route, diesmal Richtung Norden. Ich hab ja jetzt den Komoot. Aber so kommod ist der nun auch wieder nicht. Immerhin hab ich ihm nur grob gesagt wo lang ich will und den Rest mußte er selber rechnen. Da waren so etliche Sackgassen dabei und Privatgelände, hab ich beim Laufen erkannt.
Ganz schlechte Idee. Wenn ich eins gelernt hab auf meiner Reise: Es reicht ein offener verrosteter Schlagbaum oder auch nur ein einziger übrig gebliebener Torpfosten aus dem Mittelalter. Dann ist das Privatgrundstück und es dauert noch 20 Sekunden, dann kommt sein Bewacher um die Ecke geschossen – ohne Leine aber Gott sei Dank nicht hungrig. Habe ich heute auch, das ist aber nicht gefährlich, denn man kann ja über alles reden. So lasse ich mich nach und nach von meiner Route abdrängen und laufe entlang einer staubigen Hauptstraße.
Sieht fantasielos aus, ist es auch, aber bringt ja auch nichts, sich dauernd zu verheddern und anzuhalten. So freue ich mich schon an den Blumenständen vor einem Friedhof.
Die Leute hier sind natürlich arm im Gegensatz zu der – zugegeben breiteren – privilegierten Schicht in der Innenstadt. Manche wollen vielleicht auch lieber ihr Häuschen im Grünen als eine Wohnung Altbau 4. Stock. Da ist es ich nicht so schlimm, wenn die Zufahrtstraße nur ein Sandweg ist.
Bevor ich zu den kleinen Häusern am Stadtrand komme, gibt es noch ein paar Industrieruinen.
In manchen dieser Monstren arbeiten aber auch noch Leute. Ich überlege, ob ich irgendwie hinter die Eisenbahntrasse komme.
Aber wenn schon in der Stadt keine Brücke ist, warum soll dann hier draußen eine sein. Die Menschen mit ihren Plastiktüten gehen teilweise einfach über die Gleise. Aber das mache ich auf keinen Fall. Es kommt auch eine Eisenbahnbrücke, aber die geht nur über einen kleinen Abzweig.
Insgesamt also eher umspannend, weil ich mich halt nicht mit den Hunden anlege. In jedem Vorgarten sitzt einer, aber die interessieren sich nicht für mich, höchstens für andere Hunde, die vorbei kommen mit Herr- oder Frauchen. Ein Sportstadion, das noch nicht gänzlich abgeschrieben zu sein scheint und das war’s bis zurück in die Innenstadt.
Ich mache noch einen Schlenker durch einen Park, der auch direkt wieder steil hoch geht, am Fuße steht eine Statue von Franko, aber nicht der Spanier, der wär jetzt echt unpassend. Das hier ist Iwano Franko, hat mit der Universität zu tun.
Der Schlenker durch den Park zum Schluß ist der Knob oben an der Fahne, deren Umrisse ich erlaufen habe.
Das sehe ich jetzt, wenn ich den Mast nach unten drehe.
Nun Duschen und wieder die Bäckerei von gestern. Witzig: Andere Verkäuferinnen, anderes Brot, keine Makronen, dafür Cheesecake. Nur der Kakao ist gleich. Blöderweise hab ich mein Handy zum aufladen im Hostel zurück gelassen. Das Foto hier gab es gestern schon:
Jetzt gehe ich nochmal schön in die Stadt, mich treiben lassen. Es ist so unglaublich viel zu sehen und ich weiß nicht, woran es liegt, daß ich das so schön finde, vielleicht weil es nicht perfekt renoviert ist. Es ist vielleicht zuviel auf einmal, aber ich kann mich nicht entscheiden für eine Auswahl oder Reihenfolge. Ist ein schöner Kontrast zu meinem tristen Lauf.
Das ist der Adonis, den habe ich mir jünger vorgestellt .
Die Museen / vielleicht auch das Museum – erstreckt sich über diese Häuserzeile.
Das Rathaus, Zugang frei aber drinnen nur Beamtenstuben und ein Werbefilm in Dauerschleife.
Lviv ist auch Stadt des Löwen, deshalb ist er im Wappen enthalten und zwei Exemplare bewachen das Rathaus.
Einen Mozart haben sie zu bieten.
Und unglaublich viele Kirchen, orthodoxe, katholische, armenische und mehr. Hier gibt es auf dem Platz davor eine Ostereierausstellung. Ein Ostereldorado sozusagen.
Diese Kirche ist sehr alt, im Innenhof gibt es einen frei stehenden Altar, an den kommt man aber nicht näher heran.
In eines der Touristenlokale mit mittelmäßigem Essen zu hohen Preisen will ich nicht gehen und suche lange herum, ob sich nicht was originelles findet.
Dann hab ich es: Eine ehemalige Post mit der größten Postkartensammlung Lvivs, einer Druckmaschine für die eigene Postkarte, einem Postmeister und nebenbei ist es auch noch ein Restaurant mit hausgemachten Nudeln und Lviver Bier. Sooo soll es sein.
Hier ist es gemütlich und warm, mit meinen kurzen Hosen habe ich mich etwas verschätzt.
Ich schreibe auch noch Karten an meine Lieben daheim und bin happy.
Shopping fällt aus.
Der Musiker und eine Ecke weiter diese beiden Sänger sind sensationell. Meine Grywen-Sxheine gehen zur Neige und so muß ich an die Euro ran.
So fällt mir der Abschied aus Lviv – Lemberg gar nicht so leicht, es ist auch ein Abschied aus der Ukraine, die sich hier von ihrer besten Seite zeigt.
Mein Zug nach Wien fährt 21 Uhr.
Die ehemalige Post ist ja toll. So interessante Orte wieder! Ja, und die kurze Hose ist prima. Ein fröhlicher Farbtupfer, auf dem Foto eingefangen, ehe er wieder von der Bildfläche verschwand. Mir geht es so, wenn ich mich mit der Hosenlänge vertue, ist es nicht ganz so schlimm. An den Beinen vertrage ich das zumindest besser als am Rumpf. Lieber Guido, bleib gesund! Bis zum nächsten Mal,
Marianne
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Danke schön, offenbar sieht man das auch, wenn’s mir gut geht.
Lieber Gruß aus Wien, Guido
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