Etwa am 13. Mai wollte ich nach Georgien einreisen, um den 23. Mai in Tiflis ankommen. Nun aber Reise ich schon heute, Samstag den 27.4. nach Tiflis. Denn wer weiß wie morgen die Busse fahren und auch in Sheki habe ich mit dem beeindruckenden Sommerpalast und der Karabvanserei das wichtigste gesehen. Ab 7 Ihr soll ein Bus nach Qax gehen (nur 20 km von hier) und in Qax ein Bus nach Georgien. Punkt 7 bin ich am Busbahnhof (Avtovoksal).
Hier gibt es sogar Haltestellenschilder. Aber mein Bus nach Qax fährt erst um 8 Uhr. Einer der Taxifahrer weiß, daß dort ein Bus nach Tiflis um 10:30 geht. Das ist doch super. So kann ich mein Frühstück noch in Ruhe verlängern, hier in diesem Kiosk. Das schwarze Loch in der Mitte ist Küche und Gastraum – schmutzstarrend. Da setzte ich mich rein und trinke einen Tee.
Heute früh um 6 Uhr habe ich nur schnell zwei Brote mit Nutella runter gewürgt und zu heißen Kaffee hinterher geschüttet. Da wären mir zwei Brote mit Marmelade und ein Kaffee sehr recht. Die Variante in Aserbaidschan heißt: gerollter Fladen mit Gewürzen und Fleisch. Nein, das kann ich morgens nicht. Der Besitzer und ich machen ein Foto.
Und dann kommt der Bus. Der Fahrpreis 1 Manat = 55 Cent sind in bar beim Fahrer zu entrichten.
Es ist ein Kleinbus mit 10 Sitzen, der leicht überfüllt kompromißlos über die Schlaglöcher brummt.
Ich genieße die Fahrt inklusive Hindernissen wie Kuh- und Schafsherden auf der Straße.
Oder ein verrosteter Moskwitsch (russisches Auto) aus den 70er Jahren nimmt uns die Vorfahrt und wird mit lautem Hupen abgestraft.
Ab und zu überqueren wir einen der aus dem Gebirge herab fließenden Gewässer. Auf der Brücke ist ein kurzer Moment, ohne Bäume davor die Berge zu fotografieren.
Aserbaidschan ist unglaublich schön und die Menschen sind lieb, ehrlich und hilfsbereit und nicht aufdringlich.
Qax (‚Kach‘ gesprochen, das x ist ein cha wie in „achso“) ist eigentlich ein kleines Kaff, aber ein wichtiger Umsteigepunkt. Eine alte verwirrte Frau will mir alles erklären und zeigt mit dem Abfahrtsplan in einer auf Hochglanz polierten Kassenhalle.
Ich habe wieder Münzen gesammelt und jetzt ist wieder so eine Gelegenheit, davon ein paar zu Spenden. Eine gute Gelegenheit um sich nicht mit dem Abzählen beschäftigen zu müssen. Ich habe gut eine Stunde Zeit und prüfe meine Beziehung zu Hunden ganz allgemein.
Sie sind hier gut genährt und werden gut behandelt. Im Café gibt es natürlich keinen Kaffee sondern Cay. Nach kurzer Skepsis Freunden wir uns alle an und es beginnt wieder das Spiel: Wieviel verdienst Du in Deutschland, welches Auto hast Du, hast Du Söhne, wie alt bis Du.
Inzwischen runde ich routiniert alle Antworten stark herunter, damit die nicht so alt und so arm aussehen, aber so daß es noch glaubhaft klingt: (1000€, 13 Jahre alter Audi – das stimmt sogar, 2 Söhne – 20 Jahre alt, ich selbst 45). Sie nicken und glauben mir, denn die jüngsten in der Runde haben das Alter meines älteren Sohnes und sehen aber älter aus als ich, der ich gut 10 Jahre älter bin als angeben. Anfangs hatte ich ehrliche Angaben gemacht aber da waren sie (in der Tankstelle in Cengi) irgendwie konsterniert hinterher. Das ist ich gut für uns alles, das muß wirklich nicht sein. So kommen wir schnell zu den interessanteren Themen: Die Hunde draußen in der Steppe, das schöne Land, der Tee – natürlich Azercay- weiß gar nicht , ob hier Tee wächst?
Dann kommt der Bus und der Dispatcher kommt rüber, zu sagen, daß er bereit steht: Ein extraroßer Sprinter mit 20 Sitzen.
Ich freue mich, daß es los geht. Fahrpreis 8 Manat = 4 € für 250 km Fahrt = 4 Stunden! Kein Wunder daß Tarif gestern fast hinten übergekippt war, als ich die 120 Manat für die kürzere Fahrt nach Sheki akzeptiert habe. Aber auch das ist gut angelegtes Geld, denn ich habe ihn und die Studentin glücklich gemacht und ich konnte spontan stoppen um die Holländischen Radler nach den Hunden zu befragen. Und wir waren zwischendurch an einem super Platz zum Essen.
Nun fahren wir über Zaqatala und Balakan auf die Grenze zu. Ich mache reichlich Fotos mit der Qual, später das meiste löschen zu müssen.
Kurz vor der Grenze steigen wir aus zur Pinkelpause und der Fahrer kassiert den Fahrpreis. Ich wechsele noch schnell meine letzten 11 Manat in 18 georgische Lari. Denn die Ausfuhr der Währung ist verboten. Das Klo ist absolut katastrophal, es geht immer noch schlimmer. Dann kommt die Grenze.
Auf aserbaidschanischer Seite gibt es drei Kontrollen, die nehmen dIe sehr ernst. Ist aber alles OK. Foto verboten. Wir müssen alle aussteigen, unser Gepäck aufnehmen und zu Fuß passieren. Vor mir zwei ältere Japanerinnen, die verstehen sie überhaupt nicht, auch nicht den Englisch. Die beiden Lächeln die ganze Zeit nur. So geht es auch. Ich biete an, zu vermitteln, aber das ist natürlich nicht gewollt. Dann laufen wir über die Brücke des Grenzflusses nach Georgien.
Dichter dran traue ich mich nicht zu fotografieren, denn drüben fanden sie mein Foto auch schon nicht lustig. Grenzen sind einfach dumm. Erstes sichtbares Zeichen: Eine Frau macht die Zollkontrolle, das ist in Aserbaidschan undenkbar. Überhaupt sah man dort in der Öffentlichkeit kaum Frauen, die machen sich wahrscheinlich nützlich an Haus, Herd und Kindern. Anders in Baku, aber selbst in der größeren Kreisstadt Sheki gab es nur vereinzelt den für uns gewohnten gleichberechtigten Anblick.
Wir fahren bis Lagodechi noch entlang des Kaukasus und dann anders, als ich gelaufen wäre, ins Landesinnere.
Zwischen uns eine Tiefebene und dahinter der gewaltige große Kaukasus. Bis über 5000 m hoch sind die Gipfel. Auf unzählige Versuche bringe ich es, um ein Foto zu machen. Meine Arme erlahmen und ich denke, ich sollte lieber den Anblick genießen statt mich unter Streß zu setzen. Die schneebedeckten Gipfel verschwimmen mit den Wolken, darunter ist Dunst.
Die Fahrt wird endlos, gut daß ich noch einen Liter Wasser dabei habe. Dieser Fahrer ist noch progressiver als der nach Qax. Er setzt zigmal an, um zu überholen. Es ist nicht gut für meinen Hals und meine Psyche, das dauernd von hinten zu verfolgen, aber mir ist auch schon ein bischen schlecht.
Georgien ist mindestens genau so arm, wenn auf dem Land nicht ärmer als Aserbaidschan.
Tiflis erreichen wir nach knapp 5 Stunden. An der Peripherie sind unzählige Schrottplätze mit wertvollen Einzelteilen für alte, meist russische Autos. Bewacht von Kaukasischen Schäferhunden. Ich hätte gedacht, hier wäre mehr Wohlstand. Dann aber die eigentliche Stadt. Am Busbahnhof ist Endstation und ich steige in ein Taxi um, der sich auskennt, für 3€ kurvt er eine Weile bis in die verwinkeltste Gasse zu Mark’s Hostel. Das habe ich mir gestern noch rausgeguckt aber nichts reserviert. Leider finde ich das nicht auf Anhieb und lande irrtümlicherweise zwei Häuser weiter vorn in einem Hostel, das sich, nachdem ich eingecheckt habe, als absolute Bruchbude heraus stellt.
Inhaber ist ein Iraner, Gäste sind türkische Arbeiter und mein Zimmer ist absolut deprimierend.
Die Feuchtgebiete sind in katastrophalen Zustand und schmutzig – ich würde sagen beinahe unbenutzbar. OK, die Gartenlaube in der Steppe, in Qobustan qesebe war schlimmer, aber die war ja auch nicht offiziell.
Dann mache ich einen ersten Abendlichen Rundgang und bin geplättet von den Postkartenmotiven der Stadt. Absolut sehenswert!
Es wimmelt von Touristen aus allen denkbaren Ländern – inzwischen kommen 9 Millionen pro Jahr in die Stadt. Man spricht allerorts englisch, russisch und georgisch – klar auch georgisch, aber lesen kann man auf georgisch nichts, auch klar.
პოლიციის – das heißt Polizei, nur als Beispiel.
in einer kleinen Bäckerei in einem Kellerloch – draußen ein Schild ‚Georgian Bread‘ – kaufe ich ein ganz warmes frisches Brot und esse schon ein Ende komplett auf dem Nachhauseweg, bevor mir einfällt, es zu fotografieren.
Den Rest gibts morgen.