Der Tag gehörte heute der Familie, mein Zug fährt erst heute Abend 19:24 ab Ostbahnhof.
Berlin ist sonnig und wir gehen raus.
Klar bin ich ein bischen aufgeregt, aber was soll dabei sein, ich gehe zum Bahnhof und steige ein. Letztendlich bin ich dann doch nur 10 Minuten vor Abfahrt des Zuges da, aber das reicht ja auch.
Die Schaffner stehen jede/r vor seinem Waggon – 221 -223 . Sie sprechen direkt russisch mit mir und ich will antworten, bringe zunächst aber keinen Brocken raus. Ich habe Wagen 222 und werde hin- und her geschickt, der ist genau dazwischen ohne eigene Tür. Nun zeige ich brav meine Fahrkarte und die beiden Visa für Weißrussland und Russland. Dann darf ich rein.
Mein Abteil heißt Frankfurt – ich hatte lange gerätselt, warum. Denn die anderen heißen wie die Zwischenhalte auf der Strecke. Dann wurde mir klar: Frankfurt / Oder – logisch!
Der Zug ist total neu und riecht auch noch so.
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich nicht alte russische Wagen mit dem morbiden Charme der Sowjetunion lieber erlebt hätte. Vielleicht ja, aber ein neuer Zug rollt ja auch ganz anders.
Im Nachbarabteil wohnt Natalia aus Ulm, sie stammt aus Weißrussland und kennt sich aus mit diesem Zug. Sie rettet mich auch bei der Bestellung eines Glases Schwarztee. Denn das hatte ich vor 45 Jahren im Russischunterricht gelernt: Der / die Schaffner/in bringt die Teegläser. Jetzt oder nie. Aber das traditionelle Teeglas ist einer profanen Tasse gewichen. Nur die Presse erinnert in ihrer Form noch etwas an die typisch russischen Teegläser in einer Metallhalterung.
Morgen um 5 Uhr kommt die Weißrussische Passkontrolle, da sollte ich mal langsam ins Bett. Gerade rollen wir nach Poznan ein. Dann kommt Warschau und dann die EU Außengrenze.